Die steuerlichen Rahmenbedingungen für Firmenzentralen sind in Deutschland deutlich schlechter als in Belgien und den Niederlanden. Dies belegt eine aktuelle Studie, die von der Wirtschaftsförderung Frankfurt GmbH veranlasst wurde. Viele multinationale Unternehmen entschieden sich gegen Deutschland als Standort. „Durch diese Entwicklung entgehen der deutschen Volkswirtschaft in beträchtlichem Umfang Steuereinnahmen und Arbeitsplätze“, heißt es in der Erhebung.
Die Studie ist die erste Gemeinschaftsaktion von Wirtschaftsförderungen großer deutscher Städte, neben Frankfurt gehörten Berlin, Duisburg, Essen, Hamburg sowie Stadt und Region Stuttgart zu den Auftraggebern. „Der Wirtschaftsstandort Deutschland definiert sich über die großen Städte und in diesen Städten entscheidet sich die Zukunft unseres Landes“, sagt Dr. Hartmut Schwesinger, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Frankfurt GmbH. Auslöser der Erhebungen sind die Erfahrungen der einzelnen Städte mit Unternehmen, die aufgrund der steuerlichen Wettbewerbsnachteile Deutschland als Standort gar nicht erst in Betracht ziehen oder in die Niederlande abwandern.
#fa#Namhafte Unternehmen zieht es in die Niederlande#fe#
„Die Stärke der Niederlande wird in der öffentlichen Diskussion in Deutschland überhaupt nicht wahrgenommen,“ so Dr. Schwesinger und ergänzt: „Ein wichtiger Auslöser für die Studie war denn auch die Standortverlegung von Benckiser und die Ansiedlung von Siemens Fuijutsu in den Niederlanden.“ Nach Ansicht der Wirtschaftsförderungen sind Abwanderungen aber nur ein Problem. Schwerer wiege die Frage, welche Firmen sich in der Standortfrage gegen Deutschland entschieden, obgleich Infrastruktur und wirtschaftliche Möglichkeiten der Region im europäischen Vergleich hervorragend seien.
Bei den von der internationalen Managementberatung Booz, Allen & Hamilton untersuchten Firmen handelt es sich um Europazentralen bzw. um internationale Konzerne, die Finanzierungs-, Management- und Führungsaufgaben zentralisieren.
Hinzu kommen Distributionszentren, die innerhalb Europas als Warenlager mit Vertriebs- und Logistikmanagement fungieren. Schließlich untersucht die Studie Dienstleistungszentren, in denen interne Serviceaufgaben für alle Konzerneinheiten einer Region zentralisiert werden.
Die Untersuchung dokumentiert die Entscheidungen internationaler Unternehmen anhand zahlreicher Beispiele. Ausschlaggebend für einen Standortwechsel sind die verschiedenen steuerlichen Sondermodelle. Die wesentlichen Vorteile der niederländischen und belgischen Konstruktionen liegen der Studie zufolge in der Besteuerung nach einem sogenannten „Kosten-plus“-Modell für Konzernzentralen, das nur einen geringen, fiktiven Gewinn versteuert. Auch Steuerbefreiungen einzelner Einkommensarten wie Dividenden und Zinseinnahmen sowie reduzierte Einkommenssteuern für ausländische Manager und Forscher tragen zur Anziehungskraft bei. Durch die Sonderregelungen haben Belgien und die Niederlande – neben Großbritannien – in Europa eine führende Position bei der Standortwahl eingenommen.
#fa#Deutsche Steuerreform nicht ausreichend?#fe#
„Vergleichbare Konstruktionen sind in Deutschland nicht zu finden“, heißt es in der Erhebung. Doch die Autoren weisen darauf hin, dass die Steuerreform den Standort Deutschland attraktiver macht. Dies bestätigten Entscheider internationaler Konzerne. Aber auch nach der Reform liegen die effektiven Steuerbelastungen in den Niederlanden unter dem deutschen Standard.
Auch die von der EU-Kommission eingesetzte Expertengruppe für die Verfolgung von wettbewerbsschädlichen Steuerkonstruktionen führt nach Ansicht der Erhebung zu keiner durchgreifenden Änderung der beschriebenen Zustände: „Derzeit wird das Ziel einer Harmonisierung der direkten Steuern innerhalb der EU nicht aktiv verfolgt“. Bisher ließen sich für die belgischen und niederländischen Steuermodelle keine wesentlichen Verstöße gegen das EU-Wettbewerbsrecht feststellen.
#fa#Handlungsempfehlungen für Wirtschaft und Politik#fe#
Die Untersuchung leitet daher konkrete Handlungsempfehlungen für Wirtschaftsförderer und Politik ab. Demnach müssen zunächst die durch die Steuerreform erreichten Verbesserungen klar kommuniziert werden.
Auch sollten Wirtschaftsförderer und Steuerbehörden enger zusammen arbeiten, um die Planungssicherheit für Unternehmen zu erhöhen. Zudem fehle es den Steuerbehörden an Flexibilität bei der Zusammenarbeit mit ausländischen Investoren. Für ausländische Manager und Forscher müssten steuerliche Anreize geschaffen werden; zugleich sollten allgemeine Standortfaktoren wie Infrastruktur und Ausbildung gestärkt werden.
Zudem ist nach Ansicht der Autoren eine Grundsatzentscheidung nötig: Entweder müssen in Deutschland vergleichbare Sonderregelungen für spezielle Ansiedlungsformen eingeführt werden oder die EU-Kommission muss bei ihren Bemühungen, „neue Steueroasen“ zu verfolgen, aktiv unterstützt und eine erneute Prüfung der belgischen und niederländischen Steuerkonstruktionen angeregt werden.
„Die Wirtschaftsförderungen hoffen, mit der Studie eine Diskussion voranzutreiben, die zu einer Verbesserung der deutschen Position im internationalen Wettbewerb führt“, erläutert Dr. Schwesinger.
Die Studie „Steuerliche Rahmenbedingungen für internationale Firmenzentralen in den Niederlanden, Belgien und Deutschland“ ist bei der Wirtschaftsförderung Frankfurt GmbH gegen eine Schutzgebühr von € 150,– plus MWSt erhältlich.
Auszüge aus der Studie finden Sie rechts als PowerPoint Präsentation(ca. 1,1MB)
Berlin, 02.02.2001
Informationen:
Dr. Hartmut Schwesinger
Geschäftsführer
Wirtschaftsförderung Frankfurt
– Frankfurt Economic Development – GmbH
Hanauer Landstraße 182 D
D-60314 Frankfurt am Main
info@frankfurt-business.de
www.frankfurt-business.de
Phone: +49/69/212 36 200
Fax: +49/69/212 9819
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