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Masterplan Industrie

Machbarkeitsstudie Azubi-Wohnen in Frankfurt am Main veröffentlicht

Bezahlbarer Wohnraum für Auszubildende in Frankfurt am Main als Top-Thema im Beirat Industrie

Bezahlbarer Wohnraum für Auszubildende ist ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der dualen Ausbildung, zur nachhaltigen Fachkräftesicherung im verarbeitenden Gewerbe und zur Attraktivität des Industriestandorts. Deshalb hat die Wirtschaftsförderung Frankfurt – unterstützt durch die Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main, die Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main, den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und die IG Metall – eine Studie in Auftrag gegeben, die von Dezember 2021 bis Juni 2022 durch das Berliner Forschungs- und Beratungsinstitut RegioKontext erstellt wurde. Die Ergebnisse der „Machbarkeitsstudie Azubi-Wohnen in Frankfurt am Main“ erörterte der Beirat Industrie in seiner Sitzung Ende März.

Die Machbarkeitsstudie beinhaltet eine Wohnungsmarkt- und Ausbildungsmarktanalyse und zeigt prototypische Realisierungsmodelle auf. Darüber hinaus gibt sie Handlungsempfehlungen für die Bereitstellung bezahlbaren Wohnraums für Auszubildende, wie sie im Masterplan Industrie der Stadt Frankfurt am Main vorgesehen ist. Die an Stadt, Land, Bund, Immobilien- und Wohnungswirtschaft, Kammern, Verbände, Gewerkschaften und Unternehmen gerichteten Handlungsempfehlungen sollen zu einer Verbesserung von Rahmenbedingungen, zur Realisierung von Investitionsprojekten und als Entscheidungsgrundlage für weitere Umsetzungsschritte beitragen.

Die Erstellung wurde durch eine Projektgruppe Azubi-Wohnen begleitet, in der Vertreterinnen und Vertreter aus der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main, Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main, Deutschem Gewerkschaftsbund (DGB), IG Metall, Agentur für Arbeit, Frauenreferat Frankfurt am Main, Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK), Jugend- und Sozialamt Frankfurt am Main, Provadis Partner für Bildung und Beratung sowie dem Kompetenzzentrum Industrie der Wirtschaftsförderung Frankfurt zusammenarbeiten.

Die Studie geht nach Auswertungen von Ausbildungszahlen, Pendlerverflechtungen und weiteren Statistiken sowie aufgrund von Erfahrungswerten von einem Mindestbedarf an bezahlbarem Wohnraum für rund 1.900 Auszubildende aus. Im Jahr 2020 waren rund 2.300 der rund 18.900 Auszubildenden in Frankfurt am Main in der Industrie beschäftigt. Bei rund 5.500 jährlich neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen zwischen 2016 und 2020 waren im letzten Jahr rund 680 Ausbildungsplätze unbesetzt. 39 Prozent der Auszubildenden hatten ihren Wohnort in Frankfurt am Main. Die durchschnittliche Ausbildungsvergütung im ersten Lehrjahr lag bei 887 Euro.

Sowohl quantitative Bedarfe als auch spezifische qualitative Anforderungen an das Azubi-Wohnen sind zu beachten. Sie umfassen über die Bezahlbarkeit und bedarfsgerechte Ausstattung hinaus auch eine pädagogische Betreuung insbesondere für minderjährige Auszubildende, Freizeit- und Kulturangebote, Gemeinschaftsräume, Erreichbarkeit sowie temporäre Unterkünfte in der Nähe von Berufsschulen und Berufsbildungsstätten.

Wie die Studie weiter aufzeigt, zählt der Frankfurter Wohnungsmarkt zu den angespanntesten Wohnungsmärkten in Deutschland. In dem als bezahlbar errechneten Wohnungsmarktsegment von 234 bis 377 Euro im Monat waren im Jahr 2020 weniger als 500 Wohnungsangebote auf dem Markt zu finden, um die über die Auszubildenden hinaus gleichzeitig weitere unterschiedliche Bedarfsgruppen konkurrierten.

Auch bei geförderten Wohnungen stehen Auszubildende in Konkurrenz zu anderen Bedarfsgruppen. Die Studie analysiert das bestehende Fördersystem gegliedert nach Subjekt- und Objektförderung durch Bundeagentur für Arbeit, Land Hessen, Stadt Frankfurt am Main und Unternehmen. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die Förderangebote für Azubi-Wohnen deutlich schwächer ausgeprägt sind als die Förderangebote für Studierenden-Wohnen. Die rund 30 befragten Experten bewerten die bestehende Förderkulisse als nicht ausreichend.

Als wesentliche Investitions- und Realisierungshemmnisse fasst die Studie u.a. keine ausreichenden Fördermechanismen, einen Mangel an Bauland, starke Flächenkonkurrenzen, hohe Grundstücks- und Immobilienpreise, steigende Baukosten, fehlende Betreibermodelle, mangelnde Kenntnisse der Bedarfsstrukturen, einen Mangel passgenauer und bedarfsgerechter Wohnangebote sowie fehlende Strategien gegen den Fachkräftemangel zusammen. Sie zeigt außerdem eine Reihe erfolgreicher Best Practice-Realisierungsmodelle aus anderen Städten auf.

Die Studie beschreibt vier Prototypen als idealtypische Lösungsmodelle zunehmender Komplexität:

  • Einzellösung eines Arbeitgebers: Einzelbetriebliches Engagement und strategische Kooperation mit Wohnungsunternehmen
  • Kooperation mehrerer Arbeitgeber und Wohnungsunternehmen: Bündelung von Bedarfen
  • Gründung eines gemeinsamen Wohnungsbau-Unternehmens
  • Gründung eines Azubi-Werks

Die Projektgruppe Azubi-Wohnen bewertet und prüft gegenwärtig die vorgeschlagenen Handlungsempfehlungen und prototypischen Realisierungsmodelle auf ihre kurz-, mittel- und langfristige Umsetzbarkeit. Die im Rahmen der Studie begonnenen Expertengespräche mit Verbänden, Verwaltung, Unternehmen, Wohnungswirtschaft, Betreibern bestehender Wohnungsmodelle und weiteren Netzwerkpartnern werden fortgeführt. Darüber hinaus soll ein Ausbildungs- und Azubi-Wohnungsmarkt-Monitoring eingerichtet werden.

Die Vorsitzende des Beirats Industrie, Wirtschaftsdezernentin Stephanie Wüst, sieht die Machbarkeitsstudie Azubi-Wohnen als eine wichtige Grundlage für die weitere Erörterung geeigneter Maßnahmen. Sie begrüßt die umfassenden Handlungsempfehlungen in den Bereichen Realisierung, Finanzierung und Förderung, Kommunikation und Information sowie Begleitung und Service. „Frankfurt am Main ist ein attraktiver Wirtschaftsstandort. Die deutschlandweiten Entwicklungen wie beispielsweise die steigenden Energiekosten haben Auswirkungen auf den Industriestandort Deutschland. Deshalb müssen wir uns auch kommunal die Frage stellen, wie wir attraktiv für die Industrie bleiben. Ein Baustein ist der Wettbewerb um Talente – Fachkräfte wie Auszubildende. Die vorliegenden Ergebnisse der Machbarkeitsstudie sollten deshalb im Magistrat diskutiert werden und in weitere Maßnahmen der Stadt einfließen“, so die Wirtschaftsdezernentin.

„Wir begrüßen es sehr, dass die Machbarkeitsstudie, für die sich die Stadtregierung auch in ihrem Koalitionsvertrag ausgesprochen hat, nun vorliegt. Aus Sicht des regionalen Handwerks stellen die Ergebnisse dieser Studie einen erfreulichen ersten Schritt dar. Nun muss weitere Detailarbeit folgen, insbesondere zu der Fragestellung, welche Finanzierungs- und Betreibermodelle in Frage kommen. Zudem müssen die Vor- und Nachteile der Betreibermodelle abgewogen werden und es gilt zu klären, wie kleine Betriebe und Auszubildende im Handwerk daran partizipieren können. Unabdingbar ist dabei eine koordinierende Stelle, die personell entsprechend ausgestattet ist. In dieser Rolle sehen wir vor allem die Stadt Frankfurt. Durch die bisherige Arbeit verfügt die Wirtschaftsförderung Frankfurt hier über eine gute Expertise. Zugleich bedarf es aber auch der engen Einbindung aller anderen relevanten städtischen Stellen wie bspw. dem Planungsamt“, sagt die Präsidentin der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main, Frau Susanne Haus.

„Ein spezielles Wohnangebot für Auszubildende ist beim Recruiting von Bewerberinnen und Bewerbern ein entscheidender Standortvorteil. Viele Unternehmen leisten daher schon heute einen großen Beitrag, um neue Fachkräfte für sich zu gewinnen, beispielsweise durch extra angemietete Wohnungen“, sagte Ulrich Caspar, Präsident der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main. Rund die Hälfte aller Nachwuchskräfte, die in Frankfurt bei unseren Mitgliedsunternehmen arbeiten, wohnt außerhalb des IHK-Bezirks. „Die Politik sollte nun die richtigen Rahmenbedingungen setzen, damit zusätzlicher Wohnraum für Auszubildende in relevanter Größenordnung geschaffen werden kann. Dazu gehört auch die Ausweisung von Bauland.“ Caspar betonte, dass in der Stadt ausreichend Flächen vorhanden seien. „Ein neues Flächenkonzept, das einen Teil der derzeitigen Agrarflächen in Bauland für Wohnen und Gewerbe umwandelt und andererseits ökologisch nachhaltige Ausgleichsflächen schafft, könnte den Engpass erheblich lindern“.

„Die Machbarkeitsstudie kommt zur richtigen Zeit“, so der Frankfurter DGB-Vorsitzende Philipp Jacks. „Die Bundesregierung hat zum Jahreswechsel mit dem Programm „Junges Wohnen“ bessere Förderung von Azubi-Wohnen ermöglicht, und auch das Land hat jüngst eine entsprechende Förderrichtlinie erlassen. Nun muss die Stadt Frankfurt die Trägerschaft vor Ort klären und entsprechend der Studierenden-Förderung Mittel bereitstellen, damit wir möglichst schnell ins Handeln kommen. Dabei sollten die verschiedenen Umsetzungsmöglichkeiten gleichzeitig angegangen werden: den Bedarf von 1.900 Azubi-Wohnräumen kann weder die öffentliche Hand noch private Träger kurz- oder mittelfristig alleine realisieren, da müssen alle gemeinsam anpacken.“

„Es gibt durchaus Interesse bei großen Arbeitgebern, sich auch finanziell an Azubi-Wohnraum zu beteiligen: Grund dafür ist der immer größer werdende Bewerbermangel“, so der 1. Bevollmächtigte der IG Metall Frankfurt, Michael Erhardt. „Auch wenn die Vergütungen für Auszubildende in den vergangenen Jahren kräftig gesteigert worden sind, kann davon doch keine eigene Wohnung in Frankfurt bezahlt werden. Ähnliche Probleme gibt es auch im Handwerk.“

„Die Fachkräftesicherung für den Frankfurter Arbeitsmarkt stellt uns – besonders mit Blick auf die demografische Entwicklung der kommenden Jahre – schon jetzt vor große Herausforderungen“, betont Björn Krienke, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Frankfurt am Main. „Wenn unsere Stadt von jungen Menschen zwar als freizeittechnisch an den Wochenenden attraktives, ansonsten aber im Arbeitsalltag leider zu teures Pflaster wahrgenommen wird, bringt uns das als Wirtschaftsstandort nicht weiter. Bezahlbarer Wohnraum für ausbildungsinteressierte junge Menschen ist deshalb ein wichtiger und richtiger Ansatz, um Frankfurt als Ausbildungs- und Arbeitsort auch für junge Menschen aus anderen Regionen und dem ländlichen Umkreis interessant zu machen. In Kombination mit weiteren Strategien, Förderinstrumenten und Unterstützungsmöglichkeiten, beispielsweise der Berufsausbildungsbeihilfe durch die Arbeitsagentur, können wir duale Ausbildung voranbringen und ihr Ansehen in der Öffentlichkeit stärken.“

„Heute verfügt jeder zweite Beschäftigte in Frankfurt über einen Berufsabschluss. Der altersbedingte Austritt der Babyboomer reißt große Lücken und Ausbildung ist nötig, um diese zu schließen. Schon allein bis 2028 wird dies eine Herausforderung darstellen. Auch wenn auf dem Stand von heute ausgebildet wird, fehlen mehr als 3.000 Auszubildende in Frankfurt. Für eine starke Wirtschaft in Frankfurt brauchen wir deshalb dringend mehr Ausbildung. Wir müssen alles tun, um Ausbildung attraktiver zu machen. Bezahlbarer Wohnraum für Auszubildende ist dabei ein wichtiger Baustein“, sagt Dr. Christa Larsen vom Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität Frankfurt a.M.

„Zum Erwachsenwerden gehört auch der Prozess des Ausziehens aus der elterlichen Wohnung. Eigenständiger Wohnraum in Frankfurt ist für viele Eltern nicht finanzierbar. Somit würden bezahlbare Wohnmöglichkeiten für Jugendliche ein wichtiger Weg in die Verselbständigung ermöglichen. Gleichzeitig werden Gruppenerfahrungen ermöglicht, die gerade nach der Pandemie wieder geübt werden müssen und einen Beitrag zur sozialen Kompetenzentwicklung leisten. Die derzeitige Inflation führt zu weiteren finanziellen Schwierigkeiten der jungen Menschen und sie können sich ihren Unterhalt nicht neben Ausbildung verdienen. Die Umsetzung dieses Projekts wäre ein wichtiger Meilenstein für eine Lebensbewältigung in der Ausbildungsphase“, hebt Nanine Delmas, Leiterin des Jugend- und Sozialamts, hervor.

„Das Thema Azubiwohnen beschäftigt uns als größtes Ausbildungsunternehmen im Frankfurter Raum schon lange“, erklärt Dr. Udo Lemke, Geschäftsführer der Provadis. „Wir wissen gerade heute in Zeiten geringerer Ausbildungsplatzbewerber um die Notwendigkeit, zusätzliche Anreize für diesen Standort zu schaffen. Vorbild in den Überlegungen könnten auch Studentenwerke sein, die es in allen Großstädten zahlreich gibt. Auch gegen eine teils gemischte Nutzung von Wohnheimen wäre aus meiner Sicht nichts einzuwenden.“

Das Kompetenzzentrums Industrie der Wirtschaftsförderung Frankfurt führt in den nächsten Monaten die Gespräche mit den an der Machbarkeitsstudie Azubi-Wohnen beteiligten Expertinnen und Experten zur weiteren Konzeption von Realisierungsmodellen in Zusammenarbeit mit der Projektgruppe und weiteren Netzwerkpartnern fort.

Der Masterplan Industrie Frankfurt am Main mit 30 Projekten auf den acht Handlungsfeldern Räumlich-funktionales Entwicklungskonzept, Digitale Infrastruktur, Energie, Logistik, Attraktivität der Industrie: Kommunikation und Positionierung, Arbeit und Qualifizierung, Verwaltungsprozesse und Behördenservice und Innovation, Arbeitsplätze und Wertschöpfung der Zukunft bildet einen breit strukturierten und langfristig angelegten Prozess zur Stärkung des Netzwerks aus produzierendem Gewerbe und industrienahen Dienstleistungen entlang von Wertschöpfungsketten.

Zur vollständigen Machbarkeitsstudie „Azubi-Wohnen in Frankfurt am Main“ (PDF-Format)

Beatrice Kaufeler

Beatrice Kaufeler
Projektleiterin Unternehmenskommunikation

+49 69 212 36226
beatrice.kaufeler(at)frankfurt-business.net

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